Haushalt der Stadt Biberach für das Jahr 2023
Friedrich Kolesch, Fraktionsvorsitzender am 19.12.2022
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister und alle weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Biberacher Stadtverwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, meine sehr geehrten Damen und Herren.
die Stadtverwaltung hat mit ihrem dicken Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2023 wieder eine umfassende Arbeitsgrundlage für das städtische Leben vorgelegt. Die CDU-Fraktion hat sich, wie immer, intensiv damit befasst. Viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit wurden darauf verwendet zu lesen, zu diskutieren und Anträge zu entwickeln. In zwei Ausschusssitzungen wurde über die Anträge beraten und abgestimmt. Hat sich dieser ganze Aufwand gelohnt?
Mit dem Ergebnis sind wir leider nur teilweise zufrieden. Der insgesamt 128 Seiten lange Vorbericht der Verwaltung ist durchzogen mit Mahnungen zum Maßhalten und zu einer sparsamen Haushaltsführung. Andererseits ist der Haushalt, nach eigener Aussage der Verwaltung, kein Sparhaushalt. Umfangreich werden, wie in den vergangenen Jahren, neue Stellen geschaffen, nicht nur im Bereich Bildung und Betreuung. Ein Antrag von uns, wenigstens eine davon, von deren Notwendigkeit auch die Verwaltung nicht komplett überzeugt ist, zu streichen, wurde leider abgelehnt.
Für uns Ehrenamtliche ist es schwierig bis fast unmöglich, Einsparpotentiale in den zahlreichen Titeln der laufenden Verwaltung zu erkennen. Ob hier überall das Gebot der Sparsamkeit beachtet wurde, bleibt für uns verborgen. Das kann nur verwaltungsintern beurteilt und angegangen werden. Wir möchten die Verwaltungsspitze ermutigen, hier durchaus kritisch ans Werk zu gehen. Maßstab muss sein, was für unsere Bürgerinnen und Bürger wirklich wichtig und notwendig ist. Die Verwaltung muss funktionieren und ihre Dienstleistungen erbringen können. Aber es gibt sicher Fälle, in denen ein etwas geringerer Standard kaum merkliche Nachteile hätte, aber zu deutlich weniger Aufwand führen würde.
Weil sie mit einzelnen Zahlen hinterlegt sind, konnten wir im Investitionsbereich einige Beispiele dafür finden, zu denen wir dann auch Anträge und Fragen gestellt haben. Solange die Verwaltung plant, hohe Beträge für EDV- Switche auszugeben, für ein sehr kurzes Teilstück der Rollinstraße über 1,3 Mio. zur Sanierung ansetzt oder sich neben dem immer besser ausgebauten öffentlichen noch ein eigenes städtisches Glasfasernetz parallel leistet, kann es um die Finanzen dieser Stadt noch nicht so schlimm bestellt sein.
Gleichzeitig hat die Verwaltung Steuererhöhung eingebracht. Die moderate Erhöhung der Gewerbesteuer tragen wir mit. Nicht einverstanden waren wir mit der Erhöhung der Grundsteuer um 50%. Da diese üblicherweise mit den Nebenkosten umgelegt wird, trifft sie eben nicht nur Grundstückseigentümer, sondern auch Mieterinnen und Mieter und alle Gewerbebetriebe. Wir wissen, dass wir von einem niedrigen Niveau kommen. Dennoch halten wir eine so starke Erhöhung, genau zu dem Zeitpunkt, an dem für die meisten Bürgerinnen und Bürger die Energiekosten und sonstige Nebenkosten steigen, nicht für richtig. Dafür ist das Ergebnis des städtischen Haushalts, mit sehr hoher Deckungsreserve und einer weiteren Million Entlastung durch die Kreisumlage, zu gut.
Unser Kompromissvorschlag, die Grundsteuer nur um 25% zu erhöhen, wurde leider abgelehnt. Jetzt bekommen wir etwas Seltsames mit einer Erhöhung um 37,5%, deutlich mehr, als wir wollten. Der gleichzeitig gefasste Beschluss, das dritte Kindergartenjahr weiterhin kostenlos zu belassen, macht das für uns umso unverständlicher.
Warum bin ich auf diese Punkte so stark eingegangen? OB Zeidler hat uns darauf eingestimmt, dass künftig eventuell unsere bisher sehr hohen Steuereinnahmen zurückgehen. Daraus möglicherweise folgende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung können für uns nicht nur in der Erhöhung von Steuern, Abgaben und Gebühren bestehen. Falls notwendig, muss die wichtigste Maßnahme eine strukturelle Durchforstung des Haushalts sein. Das ist schwieriger und unangenehmer, als nur die Einnahmen zu erhöhen, aber absolut notwendig. Und diese Aufgabe kann, wie vorhin erwähnt, nur von der Verwaltung selbst geleistet werden. Wir ermutigen Sie, dies anzugehen, und sichern Ihnen unsere Unterstützung zu.
Obwohl wir mit einigen Entscheidungen nicht glücklich sind, werden wir dem Haushalt zustimmen, da insgesamt die positiven Aspekte überwiegen. Im Haushalt findet sich vieles, was unsere Fraktion seit Jahren mit Nachdruck verfolgt und was für die Gegenwart und Zukunft Biberachs und seiner Bürgerinnen und Bürger sehr wichtig ist.
Ein Schwerpunkt liegt, wie seit vielen Jahren, auf Bildung und Betreuung. Nachdem wir dieses Jahr viele Schulen, Sporthallen und Kindergärten einweihen konnten, starten wir nächstes Jahr mit dem Bau des Kindergarten Hirschberg und endlich mit der Sanierung des Pestalozzi-Gymnasiums. Wir hoffen, dass unser Antrag auf eine Interimslösung für den Unterricht während der Bauzeit zu einer guten Lösung führt. Erweiterung und Neubau von Schule und Turnhalle Birkendorf und Mittelberg gehen in die entscheidende Planungs-Phase. Wir wünschen der Verwaltung Erfolg bei der Besetzung der offenen Stellen im Betreuungsbereich. Für die Eltern ist das mindestens so wichtig, wie die Gebäude. Insbesondere hoffen wir, dass die Verwaltung sehr schnell eine befriedigende Lösung für die vom Wegfall der Ganztagesbetreuung GT55 betroffenen und überraschten Eltern findet. Diese fühlen sich im Moment etwas verloren. Rasche und überzeugende Lösungen würden viel zur Befriedung beitragen.
Wir investieren in den Hochwasserschutz, den Breitbandausbau, barrierefreie Bushaltestellen, Straßenumbauten und -sanierungen. Wir bauen weitere PV-Anlagen auf städtische Dächer. In diesem Zusammenhang hoffen wir, dass die Verwaltung jetzt sehr schnell ermöglicht, dass PV-Anlagen auch auf den Dächern der Innenstadt errichtet werden können. Eine Anpassung an die aktuellen Vorgaben der Landesgesetzgebung ist überfällig und eine entsprechende Vorlage schon lange versprochen. Beantragt haben wir, dass die in der Gesamtstadt fast abgeschlossene Umstellung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Lampen jetzt auch für die Innenstadt geplant und in 2024 umgesetzt wird. Das bezahlt sich in wenigen Jahren selbst und spart richtig Energie und CO2. Worauf also, gerade in der heutigen Zeit, länger warten? Für den Umweltschutz haben wir auch die Aufstockung des städtischen Förderprogramms für private Maßnahmen beantragt. Die Verwaltung hat uns hier zugesagt, dass es nicht mehr, wie dieses Jahr, zu einem Stop von Fördermittelzusagen kommt. Dasselbe gilt für die Zuschüsse für private Gebäudesanierungen. Und ein ganz wichtiges Umweltschutz-Projekt ist der Ausbau unseres Nahwärmenetzes in der Innenstadt. Hier haben wir kürzlich zu einer Vorlagen zwei Anträge gestellt, die erfreulicher Weise einstimmig angenommen wurden, wofür wir uns bedanken.
Nachdem uns letztes Jahr die möglichen strukturellen Folgen der Corona-Pandemie mit Sorge erfüllten, sieht die Welt hier wieder freundlicher aus. Viele Veranstaltungen konnten, nach 3 Jahren, wieder stattfinden. Ganz wichtig natürlich unser geliebtes Schützenfest und gerade erst ein fantastischer Christkindlesmarkt. Herzlichen Dank an alle, die es möglich gemacht haben! Leider haben viele Vereine immer noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen und manche Kulturveranstaltung kommt noch nicht an frühere Zuschauerzahlen heran. Auch Gastronomie und Handel, vor allem in der Innenstadt, tragen teilweise noch schwer an der Hypothek der zwei verlorenen Jahre. Wir bitten die Verwaltung, wo nötig, weiterhin unterstützend tätig zu sein und Entscheidungen mit Augenmaß zu treffen.
Nachdem wir hier aus dem Gröbsten heraus waren, hat Putins Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Ukraine leider zu unermesslichem Leid und Situationen geführt, die wir uns in Europa nicht mehr vorstellen konnten. Da sind unseren eigenen Probleme plötzlich ganz klein dagegen. Ein Hoffnungsschimmer in dieser Zeit war die großartige Reaktion unserer Biberacherinnen und Biberacher mit hoher Spendenbereitschaft, den Aktionen unserer Blaulichtfamilie mit unserer Partnerstadt Schweidnitz und der oft privaten Aufnahme von Flüchtlingen. Wir danken allen herzlich und hoffen, dass die Betroffenen baldmöglichst in ihre Heimat zurückkehren und solange bei uns in Sicherheit leben können.
Das Stichwort Sicherheit ist ein Letztes, das wir der Verwaltung mit auf den Weg ins Jahr 2023 geben möchten. Leider gab es in letzter Zeit einige Vorfälle, auch im Umfeld der Schulen, die zu Unsicherheit unter unseren Bürgerinnen und Bürgern führen. Auch im Jugendparlament war das kürzlich Thema. Bitte nehmen Sie das noch mehr in den Fokus und motivieren Sie auch die Polizei, genau hinzuschauen. Wir wollen, dass sich alle Menschen frei und mit gutem Gefühl zu jeder Zeit in unserer Stadt bewegen können.
Am Ende eines wiederum herausfordernden und arbeitsintensiven Jahres steht der Dank. Wir freuen uns sehr, dass unser Oberbürgermeister wieder bei uns ist und wünschen ihm für die Zukunft weiter alles Gute! Besonderen Dank und Anerkennung schulden wir Herrn Erstem Bürgermeister Ralf Miller, der zu seinen ohnehin anspruchsvollen Aufgaben dieses Jahr viele Termine in Vertretung wahrnahm und sich in zusätzliche Themen einarbeiten musste. Ganz herzlichen Dank für dieses Engagement! Auch Bürgermeister Kuhlmann und Kulturdezernent Dr. Riedlbauer mussten einiges zusätzlich schultern. Wir bedanken uns bei allen Amtsleiterinnen und Amtsleitern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Stadtverwaltung für kompetente und engagierte Arbeit. Wir bedanken uns bei den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats für intensive, teils kontroverse, aber immer sachliche Diskussionen. Ganz persönlich bedanke ich mich bei meiner CDU-Fraktion für die offene, freundschaftliche, konstruktive und professionelle Arbeit! Wir haben ein herausforderndes und sehr zeitintensives Ehrenamt aber mit Euch macht es Spaß! Jetzt freuen wir uns auf die Weihnachtszeit mit der Möglichkeit zum Verschnaufen und auf ein gutes Jahr 2023 mit dem Highlight der Heimattage in Biberach. Diese verdanken wir maßgeblich der Hartnäckigkeit unseres früheren Fraktionsvorsitzenden Johannes Walter.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!