CDU Stadtverband Biberach

Historisches

60 Jahre CDU-Stadtverband Biberach 

Seit ihren Anfängen nach Kriegsende hat die Biberacher CDU eine lange und bewegte Geschichte hinter sich: Eine beispiellose Katastrophe in der Geschichte des deutschen Volkes fand am 8. Mai 1945 ihren vorläufigen Höhepunkt in der bedingungslosen Kapitulation der Machthaber des sog. "Dritten Reiches". Millionen Tote und Vermisste auf den Kriegsschauplätzen, in Konzentrationslagern, zerbombten Städten und Dörfern, Flucht und Vertreibung waren das Ergebnis einer verbrecherischen Politik. Staatliche und kommunale Strukturen waren zerschlagen, die vier Besatzungsmächte bestimmten mehr oder weniger willkürlich, was zu geschehen hatte. Die wirtschaftliche Infrastruktur war durch Kriegseinwirkungen weitgehend zerstört, das noch Vorhandene fiel der Demontage durch die Besatzungsmächte anheim. In der französischen Besatzungszone wurden auch große Teile des staatlichen Waldes abgeholzt und nach Frankreich abtransportiert.

In dieser Zeit größter Not fanden sich Persönlichkeiten der Weimarer Republik, unbelastet und zu großen Teilen verfolgt von den Nazischergen, um einen politischen Neubeginn zu wagen. Sie trafen sich für den Bereich Nord-Württemberg bereits im August 1945 in Stuttgart und gründeten am 25. September 1945 im Kolpinghaus in der Heusteigstraße die Christlich-Soziale Volkspartei, die sich am 13. Januar 1946 unter Übernahme des Namens der Christlich Demokratischen Union dieser anschloss.

Im Herbst 1945 reiste der spätere Landwirtschaftsminister Dr. Franz Weiß in einem geliehenen Opel P 4 von Kreis zu Kreis in Württemberg-Hohenzollern, um für eine neue christliche Partei zu werben. Diese Bemühungen führten dann am 6. Januar 1946 im Gemeindesaal von Aulendorf zur Gründung der Christlich Demokratischen Union von Württemberg- Hohenzollern. Am 17. Januar 1946 wurde beim Staatssekre-
tariat in Tübingen die erforderliche Genehmigung zur Gründung der Partei beantragt, die dann am 18. März 1946 von der französischen Militärregierung genehmigt wurde. Gleichzeitig wurde auch die Gründung von SPD und KPD akzeptiert. Am 25. März 1946 wurde in Sigmaringen in der ersten Landesver-
sammlung ein vorläufiger Landesvorstand mit Dr. Weiß an der Spitze gewählt.

Im Landkreis Biberach nahmen Adolf Pirrung, Generaldirektor der EVS, Ulrich Steiner aus Laupheim und Josef Köberle aus Ummendorf-Häusern den Aufbau einer Parteiorganisation auf Kreisebene in die Hand. Am 5. April 1946 trafen sich 26 Interessenten im Gasthof "Stern" in der Hindenburgstraße in Biberach. Sie verständigten sich darauf, auch auf Kreisebene eine Parteiorganisation der CDU ins Leben zu rufen. Bereits am 17. April 1946 konstituierte sich der CDU-Kreisverband Biberach mit den gleichberechtigten Vorsitzenden Adolf Pirrung und Ulrich Steiner. Mitglieder des CDU-Kreisvorstandes aus Biberach waren die Herren Fritz Schoop, Stefan Münz als Schatzmeister und Willi Fuchs als Geschäftsführer. Die erste öffentliche Versammlung des CDU-Kreisverbandes fand am 27. Mai 1946 im Biberacher Stadttheater mit über 400 Zuhörern statt und fand in der Öffentlichkeit eine gute Resonanz. Dank der intensiven Arbeit an der Basis konnten im Landkreis Biberach innerhalb eines Jahres 53 Ortsverbände begründet werden mit insgesamt 780 Mitgliedern. Der ersten Versammlung des CDU-Kreisverbands ging am 21. Mai 1946 die Gründung des CDU-Ortsverbands Biberach voraus. Dem Gründungsvorstand gehörten die Herren Wilhelm Leger, Bürgermeister; Adolf Hanni, Walter Pföst, August Diamant und Hans Franz an.

Für die neu entstandene Partei stand die erste Bewährungs-
probe bei den Gemeinderatswahlen am 15. September 1946 und bei den Kreistagswahlen am 13. Oktober 1946 an. In einer Vielzahl von Versammlungen im gesamten Kreisgebiet gelang es den Repräsentanten der Partei, ihre politischen Ziel-
setzungen der Bevölkerung verständlich zu machen. Ergebnis dieser ersten demokratischen Wahlen nach 1933 war in Südwürttemberg-Hohenzollern ein Stimmenanteil von 38,9 v.H. und machte die Partei auf Anhieb zur stärksten politischen Kraft in dem neuen, im Entstehen begriffenen Land. In der Stadt Biberach errang die CDU 72,2 v.H. (Kreistagswahl 74,96 v.H.) der abgegebenen Stimmen und erhielt insgesamt 10 der 12 zu vergebenden Ratssitze. Gewählt wurden: Karl Härle, Zimmermeister; Anton Kaiser, Sparkassenkassier, Karl Angele, Sattlermeister, Heinrich Vollmer, Fabrikant, Ferdinand Rach, Uhrmachermeister, Georg Gerster, Bauer u. Gastwirt, Georg Schmid, Maurermeister, Konrad Ehinger, Bauer, Adolf Baptist, Kaufmann und Josef König, Posamentier-Werkmeister. Für die SPD wurden die Herren Anton Mönch und August Scheck gewählt. Dieser sich ab 1.10.1946 konstituierende Gemeinderat war auf zwei Jahre gewählt. Am Rande erwähnenswert ist auch, dass Vertreter der "Liste der Parteilosen", die keinen Sitz errangen, die Wahl anfochten; bei der Wahlprüfung des Landratsamts und des von der Besatzungsmacht eingesetzten Verwaltungsgerichtshofs in Tübingen aber keinen Erfolg hatten.

Der erste, frei gewählte Gemeinderat hatte gewaltige Aufgaben vor sich. Teile der Stadt waren zerstört, Arbeits-
plätze wurden durch Demontage zerstört, wegen des Bombenkriegs Evakuierte und die Vertriebenen aus den Ostgebieten waren zu versorgen und unterzubringen. Die Reichsmark-Währung war beinahe wertlos und der sog. "Schwarze Markt" nahm ungeahnte Ausmaße an. Am 21. Juni 1948 erfolgte dann die Währungsreform mit der Einführung der "Deutschen Mark". Jeder Bürger erhielt ein "Kopfgeld" von 40 DM, zu dem wenig später noch 20 DM hinzukamen. Die Guthaben der öffentlichen Hand und damit auch der Stadt Biberach erloschen. Angesparte Mittel für vorgesehene Investitionen waren plötzlich nicht mehr vorhanden. Für zahlreiche Güter wurden Bewirtschaftung und Preisbindung bereits am 24. Juni 1948 aufgehoben; nach anfänglichen Schwierigkeiten zeichnete sich aber bald ab, dass die Reform im täglichen Leben zu wirken begann. Die bereits vor der Währungsreform erfolgte Gründung von Firmen (Firma Dr. Karl Thomae GmbH und Kaltenbach und Voigt GmbH & Co) bzw. die Erweiterung von Firmen wurde von Gemeinderat und Verwaltung tatkräftig unterstützt.

Unmittelbar nach der Währungsreform fand am 14. November 1948 wiederum eine Gemeinderatswahl statt. Es waren 16 Ratssitze zu vergeben. Mit einem Stimmenanteil von 52,7 v.H. konnte sich die Partei auf örtlicher Ebene konsolidieren, bekam aber in der Demokratischen Volkspartei (DVP) mit einem Stimmenanteil von 27,8 v.H. einen starken Kontrahenten. Eine Besonderheit dieser Wahl war, dass ein Teil der Gewählten auf 6 Jahre und ein Teil nur auf 3 Jahre gewählt war. Erstmals gewählt wurde der unvergessene August Neff, der sich große Verdienste um die Stadt Biberach erworben hat und dafür mit der Bürgermedaille der Stadt Biberach am 18. Dezember 1978 sowie mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland am 18. Oktober 1972 ausgezeichnet wurde sowie der Schuhmachermeister und Kaufmann Hans Braunger.

Mit der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und zugleich dessen In-Kraft-Tretens wurde für die amerikanische, britische und französische Besatzungszone die Bundesrepublik Deutschland aus der Taufe gehoben, wobei bestimmte Hoheitsrechte noch gewissen Vorbehalten und Kontrollen der alliierten Siegermächte unterlag. Am 14. August 1949 folgte die erste freie Wahl eines Bundesparlaments mit einem Stimmen-
anteil der CDU/CSU von 31 v.H. Diese bildete eine Koalitions-
regierung gemeinsam mit der FDP und DP (Deutsche Partei) mit Dr. Konrad Adenauer als Bundeskanzler und Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister. Das politische, wirtschaftliche und soziale Leben begann sich langsam zu normalisieren. Im Südwesten begann die Diskussion und politische Auseinandersetzung über die Frage, ob die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem Land zusammengefasst werden sollen. In diesem Umfeld musste eine Hälfte des Gemeinderats neu gewählt werden. Am 14. November 1951 erreichte die CDU lediglich 44,9 v.H. der abgegebenen Stimmen, behielt aber die Mehrheit der Mandate. Die FDP, die sich mit einer freien Wählergemeinschaft (FW) zusammengetan hatte, erhielt 32.8 v.H. Eugen Maucher, der spätere Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie CDU-Kreisvorsitzende wurde erstmals gewählt.

Die Zahl der CDU-Mitglieder im Verhältnis zur Größe der Stadt war sehr klein. Dies war auch dadurch bedingt, dass die nahe Vergangenheit und die damit zusammenhängende Entnazifi-
zierung einfacher PG's nicht motivierend für einen Parteieintritt wirkte. Noch in der Mitte der 60-er Jahre war diese Einstellung zu spüren. Trotzdem fanden sich immer wieder engagierte, dem Gemeinwohl verpflichtete Bürger, die ihre Ideen und Arbeitskraft der Kommunalpolitik zur Verfügung stellten. Die in den örtlichen Parteigremien gemeinsam mit der CDU-Gemein-
deratsfraktion entwickelten Ideen und Vorschläge wurden mit den Vorschlägen der Verwaltung abgewogen und durch Gemeinderatsbeschlüsse auf den Weg gebracht.

Auf Bundesebene tobte im Vorfeld der anstehenden Bundestagswahl 1953 ein heftiger Richtungsstreit zwischen den Parteien: hie soziale Marktwirtschaft, dort sozialistische Gemeinwirtschaft mit Verstaatlichung der Schlüsselindustrien. Das Volk entschied sich bei der Bundestagswahl am 6. September 1953 mit Mehrheit für die soziale Marktwirtschaft. Im Windschatten dieser Richtungswahl errang die Partei am 15. November 1953 bei der Gemeinderatswahl einen beeindruckenden Wahlsieg mit 57,8 v.H. Stimmenanteil und 5 von 8 zu erringenden Mandaten. Zu Kriegsbeginn 1939 hatte Biberach ca. 11500 Einwohner, Ende 1955 bereits 18 000 überschritten. Unter tatkräftiger Mitwirkung der CDU-Fraktion mit Josef Blank an der Spitze entwickelte die Verwaltung neue Baugebiete in Birkendorf, auf dem Galgenberg und dem Mittelberg sowie Gewerbegebiete im Wolfental, links der Birkendorfer Straße und entlang der Memminger Straße. Durch aktive Industrieansiedlungspolitik wurden die Grundlagen für unseren heutigen Lebensstandard geschaffen. Umweltpolitik war damals noch ein Fremdwort; in weiten Teilen wurde aber schon damals instinktiv darauf geachtet.

Die Ergebnisse der Kommunalwahlen sind in der Regel immer auch abhängig von der politischen Großwetterlage in Bund und Land. Im Vorfeld der Gemeinderatswahlen 1956 tobte auf Bundesebene wieder eine heftige politische Auseinander-
setzung zur Frage der Bildung von Streitkräften. Am 1. April 1956 trat das Soldaten-Gesetz in Kraft. Die KPD und ihre Nebenorganisationen wurden vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verboten. Eine Rentenreform stand in der politischen Diskussion. In diese spannungsgeladene Zeit fiel die Gemeinderatswahl am 11. November 1956, die der CDU trotz großer Erfolge auf örtlicher Ebene nur 48,85 v.H. der Stimmen, aber 7 der 12 zu vergebenden Sitze erbrachte. Die Bundestagswahl am 15. September 1957 war für die CDU/CSU mit Erringen der absoluten Mehrheit (50,2 v.H.) ein riesiger Erfolg. Die CDU auf örtlicher Ebene erzielte 65,2 v.H.

Im Frühjahr 1959 trat der bisherige Vorsitzende des CDU-Orts-
verbands, Dr. Kurt Seifriz, von seinem Amt zurück. Zum Nachfolger wählten die Mitglieder des Ortsverbands den 38-jährigen Versicherungskaufmann Eduard Miller. Mit dieser Wahl deutete sich bereits eine Umstrukturierung der örtlichen Parteibasis weg von dem Odium einer Honoratiorenpartei hin zu einer Mitgliederpartei aus allen Schichten der Bevölkerung an. Die soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards hatte sich durchgesetzt, es herrschte Vollbeschäftigung und Arbeits-
kräftemangel. Die SPD verabschiedete ihr "Godesberger Programm" und signalisierte ihre Annäherung an den außenpolitischen Kurs Adenauers. Die politische Großwetter-
lage und die stürmische wirtschaftliche Entwicklung in Biberach führten für die örtliche CDU in der Gemeinderatswahl am 8. November 1959 mit 58,9 v.H. zum besten Ergebnis in ihrer 50-jährigen Geschichte.

1962 wurde Biberach Große Kreisstadt, Bürgermeister Leger wurde Oberbürgermeister und der Gemeinderat konnte zusätzlich einen hauptamtlichen Bürgermeister wählen. Die am 4. November 1962 in der Gemeinderatswahl erneut mit der absoluten Mehrheit der Stimmen betraute CDU bereitete sich auf die sich abzeichnende Oberbürgermeisterwahl vor. August Neff als erster ehrenamtlicher Beigeordneter musste immer öfter den krankheitsbedingt verhinderten Oberbürgermeister Leger vertreten. In dieser Zeit wählte der Gemeinderat den parteilosen, bisherigen Kreisverwaltungsdirektor Alfred Rack, der auch Favorit Legers für die OB-Wahl war. Sehr bald zeichnete sich ab, dass sich in der Partei und in der Fraktion eine Kluft in der Befürwortung oder Ablehnung möglicher Kandidaten auftat. Manche versuchten, auf dem politischen Klavier vierhändig zu spielen und auf allen Seiten Wasser zu tragen. Der von den Mitgliedern mehrheitlich nominierte Ministerialrat im Kultusministerium, Dr. Anton Steinle, der auch in Biberach wohnte, wurde von Teilen der Mitglieder nicht unterstützt. Die Fraktion schwieg sich zur Nominierung aus. In diese für die CDU schwierige Situation hinein platzte ein Aufruf des evangelischen Dekans Dietrich, bei der Besetzung der beiden kommunalen Spitzenpositionen die konfessionelle Parität nicht einfach zu übergehen und warb um das volle Vertrauen für den Kandidaten Hoffmann. Dieser Aufruf provozierte einen Gegenaufruf der örtlichen katholischen Verbände an ihre Mitglieder zugunsten Dr. Steinle und gegen Herrn Hoffmann. An Stelle sachlicher Auseinandersetzung trat zeitweise ein konfessioneller Streit mit unangenehmen und peinlichen Begleiterscheinungen. Am Wahlabend, 7. Juni 1964 gab es die faustdicke Überraschung, dass bei einer Wahlbeteiligung von 69,7 v.H. der Kandidat der CDU und der SPD, Dr. Steinle nur 34,3 v.H., Herr Hoffmann aber 32,3 v.H. und Herr Rack 30,4 v.H. der Stimmen erhielt. Im 2. Wahlgang unterlag dann der Kandidat der CDU mit 35 v.H. gegen Herrn Hoffmann mit 42,5 v.H. Das Ergebnis hatte für den CDU-Orts-
verband verheerende Folgen. Die Vertrauensbasis zwischen Parteibasis und Fraktion sank nahe null. Der Ortsverbands-
vorsitzende hatte alle Hände voll zu tun, wieder Ruhe in die Reihen der CDU zu bringen und eine Vertrauensbasis zur Fraktion wieder herzustellen. Die Auseinandersetzungen zogen sich bis ins Jahr 1965 hinein. Am 23. Juli 1965 fand in der Kellerschenke des "Grünen Baum" eine Sitzung des CDU-Ortsvorstandes zur Nominierung der Kandidaten für die Gemeinderatswahl am 7. November 1965 und zur Frage statt, ob der gewählte Oberbürgermeister durch den Gemeinderat als sein eigener Amtsverweser eingesetzt werden sollte. Die Meinungen gingen konträr auseinander und führten am selben Abend zum Rücktritt des Vorsitzenden der CDU-Gemeinderats-
fraktion, Josef Blank, von seinem Amt. Zu seinem Nachfolger wählte die Fraktion Herrn Jakob Hermann, Konrektor an der Mali-Schule. In einer stürmisch verlaufenden Mitglieder-
versammlung im Kolpinghaus fand der Kandidaten-Vorschlag des Vorstands keine einhellige Zustimmung. Erst nach kurzer Unterbrechung auf Antrag des Kreisvorsitzenden Maucher und erneuter Abstimmung wurde dem vorgelegten Vorschlag des Vorstandes mit knapper Mehrheit zugestimmt.

Belastet durch diese Vorgänge ging der CDU-Ortsverband und die Fraktion in die Gemeinderatswahl am 7. November 1965. Während die Wähler bei der Bundestagswahl am 19. Septem-
ber 1965 der CDU zu einem Stimmenanteil von 54,3 v.H. und bei der Kreistagswahl zu einem stolzen Ergebnis von 54,5 v.H. verhalfen, mündete die Wahl des Gemeinderats mit 44 v.H. in eine herbe Niederlage. Zu dem Formtief der örtlichen CDU traten die Koalitionsauseinandersetzungen mit der FDP in Bonn, die dann am 1. Dezember 1966 in eine große Koalition mit der SPD führten. Auch in Biberach formierte sich in Teilen der Jugend in der zweiten Hälfte der 60er Jahre der Protest gegen die Notstandsgesetze und vieles andere mehr. Trotzdem konnte die CDU in der Gemeinderatswahl am 20. Oktober 1968 ihr Ergebnis auf 49,4 v.H. verbessern. Im Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf 1968 durfte der CDU-Ortsverband im Zusammenwirken mit dem Kreisverband erstmals einen amtierenden Bundeskanzler, Dr. Kurt Georg Kiesinger, in der guten Stube der Stadt auf dem Marktplatz begrüßen. Während der Kundgebung kam es zu massiven Störungen durch eine kleine Gruppe von Schülern und Studenten, die in ein Handgemenge mit Versammlungsteil-
nehmern und der Polizei mündeten.

Am Ende des Jahrzehnts des gesellschaftlichen Wandels hatte sich der Ortsverband wieder etwas stabilisiert. Das politische Einvernehmen mit der Gemeinderatsfraktion war wieder hergestellt und die auf das Gemeinwohl gerichtete Sacharbeit stand im Mittelpunkt allen Bemühens. Auf Bundesebene wurde am 28. September 1969 die Bundestagswahl gewonnen, die Regierungsbildung aber verspielt. In Bonn regierte nun eine SPD/FDP-Koalition. Zu Beginn des neuen Jahrzehnts gab der Ortsvorsitzende Eduard Miller nach beinahe 12-jähriger Vorsitzendentätigkeit zu erkennen, dass er aus zeitlichen und beruflichen Gründen sein Amt nicht mehr wahrnehmen könne und wolle. Die auf 12. Oktober 1970 einberufene Mitglieder-
versammlung wählte mit großer Mehrheit Herrn Artur Angele zum neuen Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands.

Nach kurzer Einarbeitung ging der neue Vorsitzende in Übereinstimmung mit dem bisherigen Vorstand an die Reorganisation des Ortsverbands. In der folgenden Mitglieder-
versammlung am 26. November 1970 stand die Wahl des neuen Vorstands an. Die Mitglieder stimmten mit großer Mehrheit dem Vorschlag zu, einen geschäftsführenden Vorstand nicht mehr zu bilden und das Gremium "Vorstand" auf 9 Mitglieder zu beschränken. Weiteres Hauptthema war die Frage, ob eine Stadtsanierung erforderlich ist. Nach einer Bereinigung und Aktualisierung der Mitgliederkartei begannen im Januar 1971 die Vorbereitungen zur Gemeinde- und Kreistagswahl im Herbst 1971. In mehreren Versammlungen wurden die Mitglieder in die Themenauswahl und in die Kandidatenfindung mit einbezogen. Am 7. April 1971 trafen die Mitglieder die Grundsatzentscheidung, dass auch Nichtmit-
glieder in die Kandidatenliste der Partei aufgenommen werden dürfen. Gleichzeitig wurde gefordert, dass alle Bevölkerungs-
schichten auf dem Wahlvorschlag vertreten sein sollten. Diese Entscheidung war für alle künftigen Kommunalwahlen maßgebend und trug mit zu den guten Wahlergebnissen bei. Die Diskussionen in Partei und Fraktion waren im Frühjahr 1971 neben der Ostpolitik der Bundesregierung geprägt von der Schulraumsituation und einer dazu erstellten Studie des städtischen Finanz- und Wirtschaftsdezernats unter Bürgermeister Alfred Rack.

Die am 5. Mai 1971 nominierten Kandidaten stiegen mit Elan in die Vorbereitungsarbeiten. In einem modern gestalteten Prospekt stellten sich die Kandidaten vor, gaben Rechenschaft über die Arbeit der letzten Jahre und zeigten Lösungen für die Bewältigung neuer Aufgaben auf. Das Durchschnittsalter der Kandidaten betrug 41 Jahre; allein 5 der 12 Bewerber waren unter 35 Jahren. Der Erfolg stellte sich dann am Wahltag 24. Oktober 1971 mit 53,08 v.H. ein.

Das Jahr 1971 endete und das Jahr 1972 begann mit heftigen politischen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition über die Ostpolitik der SPD/FDP-Koalition. Am 23. April 1972 war Landtagswahl in Baden-Württemberg. Im Land und auch in Biberach wurde ein fulminanter Wahlkampf geführt. Vom Parteivorsitzenden Dr. Rainer Barzel angefangen über Heinrich Köppler, Oppositionsführer in Nordrhein-West-
falen, Ministerpräsident Hans Filbinger bis zum Präsidenten des Deutschen Bundestages, Kai-Uwe von Hassel waren führende Vertreter der Union in Biberach. Die Union errang erstmals die absolute Mehrheit in Baden-Württemberg mit 52,9 v.H. Wenige Tage nach dieser Wahl versuchte die Union durch ein konstruktives Misstrauensvotum die Regierung Brandt abzulösen. Bei der Abstimmung fehlten für den Erfolg zwei Stimmen, die gekauft gewesen sein sollen. Die im Herbst folgende Bundestagswahl brachte im Bund für die Partei eine Wahlniederlage, in Biberach konnte der Stimmenanteil um nahezu 2 v.H. gesteigert werden. Die angespannte politische Lage in Bonn hatte als Nebeneffekt zur Folge, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete Eugen Maucher nach über 20-jähriger Tätigkeit sein Mandat als Gemeinderat im November 1972 aufgab.

Neben den großen politischen Themen wurden die Diskussio-
nen auf örtlicher Ebene sowohl unter den Parteimitgliedern wie auch außerhalb zu Beginn der siebziger Jahre beherrscht von den Themen Gemeinde- und Kreisreform. Die wirtschaftliche Lage gab Anlass zur Sorge. Eine Fülle von Aufgaben, angefangen bei den Kindergärten, über den Neubau von Grundschulen, den Bau bzw. Erweiterung von Gymnasien bis zum Bau einer Kläranlage, stand an. Alle Diskussionen in Biberach wurden ab Ende 1973 aber beherrscht von dem Standort "Stadthalle" und den Vorbereitungen für die Verwirk-
lichung des Bauvorhabens. Die Bevölkerung war in zwei Lager geteilt. Ein Bürgerentscheid ging für die Gegner des Vorhabens negativ aus. Der amtierende Gemeinderat stand mit übergroßer Mehrheit hinter dem Bauvorhaben. Die Mitglieder des CDU-Stadtverbands standen trotz Kritik in einzelnen Punkten solidarisch zu den Entscheidungen ihrer CDU-Stadtratsfraktion unter ihrem Vorsitzenden Jakob Hermann. Trotz mannigfacher Anfechtungen ging die Fraktion ohne Aufgeregtheiten nach langem Abwägen ihren einmal beschrittenen Weg.

Nach neun Jahren Fraktionsvorsitz gab Jakob Hermann im März 1974 seinen Verzicht auf eine nochmalige Kandidatur bei der im Jahre 1975 anstehenden Gemeinderatswahl bekannt und legte gleichzeitig sein Vorsitzendenamt nieder. Im Bewusst-
sein, dass der anstehende Wahlgang sehr schwer und schwierig würde, wollte er seinem Nachfolger eine möglichst lange Einarbeitungszeit ermöglichen. Zum Nachfolger wählte die Fraktion mit großer Mehrheit Herrn Karl-Heinz Brock. In engem Schulterschluss ging der CDU-Stadtverband und die CDU-Fraktion an die Wahlvorbereitungen. Nach Signalen aus den Reihen der FW/FDP-Fraktion, dass die den Freien Wählern zuzuzählenden Fraktionsmitglieder Interesse an einer möglichen Kandidatur auf der CDU-Liste haben, wurde in Gesprächen ein mögliches Zusammengehen besprochen und nach kurzer Zeit zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Hilfreich bei diesen Gesprächen war u.a. die Polarisierung der Meinungen in der Stadt zur Stadthallenfrage und im Bund der Zustand der sozial-liberalen Koalition. Der CDU gelang es, 36 Kandidaten aus allen Bevölkerungsschichten zu nominieren. Es gelang ihr auch, in den neu hinzugekommenen Stadtteilen Stafflangen, Ringschnait, Rissegg und Mettenberg zugkräftige Kandidaten zu gewinnen und mit Ausnahme von Ringschnait auch Wahlvorschläge für den Ortschaftsrat einzureichen. Am Abend des Wahltages 20. April 1975 zeigte sich dann, dass die Themen der CDU mit einem Stimmanteil von 54,65 v.H. Wirkung gezeigt haben.

Durch die innenpolitische Entwicklung und die zukunftsorien-
tierte Sacharbeit vor Ort begünstigt, stieg die Zahl der Mitglieder im Stadtverband sehr stark an. Im Rahmen des Landtagswahlkampfs kam der 1973 erstmals gewählte Bundesvorsitzende Dr. Helmut Kohl am 28. März 1976 nach Biberach in die überfüllte Gigelberg-Turnhalle. Dieser Auftritt unseres späteren Bundeskanzlers und das Wahlergebnis mit 56,7 v.H. im Land trug erheblich zur weiteren Mobilisierung der Mitglieder bei. Die für den 3. Oktober 1976 anberaumte Bundestagswahl setzte nochmals neue Energien frei. Parteifreunde und Junge Union waren überall präsent und brachten in den Wahlveranstaltungen die heiß umstrittenen Themen zur Diskussion. 48,6 v.H. Stimmenanteil war das Ergebnis, sechs Mandate zuwenig für die absolute Mehrheit.

Im Jahre 1978 trat Ministerpräsident Filbinger zurück; Lothar Späth wurde sein Nachfolger. Dieser Wechsel war für den amtierenden Oberbürgermeister C.W.Hoffmann Anlass, Mitglied der CDU und damit des CDU-Stadtverbands zu werden. Ein langer Weg des aufeinander Zugehens fand einen vorläufigen Abschluss. Am Ende eines Jahrzehnts des Auf- und Ausbaus des CDU-Stadtverbands konnte deren Vorsitzender Artur Angele feststellen, dass die im Jahre 1970 begonnene Reorganisation reife Früchte getragen hat. Die CDU-Fraktion war in Stadt und Kreis die unbestrittene Nr. 1. Der Vorstand des Stadtverbands arbeitete effektiv, kooperativ und zielorientiert, die Altersstruktur in der Mitgliedschaft war wesentlich verbessert und die Parteifinanzen waren geordnet. Versammlungen der Fraktion in allen Stadtteilen während der Legislaturperiode und Informationsveranstaltungen für die Bürger und Parteimitglieder waren eine sehr gute Vorbereitung auf die Kommunalwahlen 1979. Gustl Neff, Inge Glässel und Fritz Kolesch als erfahrene und intime Kenner der kommunal-
politischen Szene kandidierten nicht mehr; für die Fraktion ein herber Verlust. Der größte Zankapfel in der Stadt, der Bau der Stadthalle, war kein Streitpunkt mehr. Der Bau wurde 1978 vollendet und von der Bevölkerung angenommen. Die in unmittelbarer Nachbarschaft im Bau befindliche Tiefgarage wühlte allerdings zeitweilig die Gemüter auf und Entschei-
dungen zur Sanierung und Umbau der Rathäuser sowie zur Stadtsanierung standen an. Erklärte Zielsetzung der anderen Fraktionen SPD und UB war, die absolute Mehrheit der CDU zu brechen. Am Wahlabend 22.Juni 1980 konnte dann die CDU mit 52,98 v.H. sehr zufrieden sein. Großer Verlierer war die UB mit einem Verlust von ca. 9 v.H. Stimmenanteil. Ebenso erfolgreich war die CDU erstmals in allen Stadtteilen. Den Gemeinderats-
wahlen vorausging die Kreistagswahl am 28. Oktober 1979. Im Wahlkreis Biberach konnten 11 Kandidaten nominiert werden. Unter Führung des Fraktionsvorsitzenden Alfred Rack konnte erstmals in einem eigenständigen Wahlkampf den Bürgern die Kreispolitik nahegebracht werden. Ein Stimmenanteil von 66,28 v.H. und 7 Mandate waren der Lohn und zugleich eindeutiger Auftrag.

Nach dem eindeutigen Votum der Biberacher Bürger ging es an die Umsetzung der von CDU-Fraktion und Partei gemeinsam erarbeiteten Ziele und Aufgaben für die Wahlperiode bis 1985. Stadtentwicklung und Stadtsanierung gepaart mit einer soliden Finanzpolitik hatten erste Priorität. Umbau der Oberen Schranne zur VHS, Renovierung und Sanierung der Rathäuser, der schrittweise Ausbau der Fußgängerzonen, der Bau der Turnhalle Dollinger-Realschule, Ausbau und Erweiterung der Sportanlagen in den Stadtteilen und vieles andere mehr wurden in Angriff genommen. Als Motor, Antreiber und Ideenlieferant kristallisierte sich immer mehr der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Karl-Heinz Brock, heraus. Dies führte hin und wieder zu heftigen, aber fruchtbaren Konflikten zwischen der selbstbewussten Fraktion und dem ebenso selbstbewussten Oberbürgermeister C.W. Hoffmann. Für Vorstand und Partei liefen die Vorbereitung für die Kommunalwahl und parallel dazu die Nominierung der Kandidaten für die Landtagswahl am 16. März 1980. Als Erst-Kandidat setzte sich Landrat Dr. Steuer gegen den bisherigen Abgeordneten Franz Baum durch, der zum Zweit-Kandidaten gekürt wurde. Dr. Steuer erzielte in Biberach einen Stimmenanteil von 57,71 v.H.

Auseinanderstrebende Konzepte zwischen SPD und FDP zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Sanierung der Staatsfinanzen und anhaltende Auseinandersetzungen innerhalb der SPD führten zum Bruch der sozialliberalen Koalition. Der CDU-Bundesvorsitzende Dr. Helmut Kohl wurde am 1. Oktober 1982 zum Bundeskanzler gewählt. Die vorzeitig für den 6. März 1983 angesetzten Bundestagswahlen brachten für den CDU-Stadtverband eine neue Herausforderung. Die Bundes-CDU erzielte 48,8 v.H.; an diesem Ergebnis war der CDU-Stadtverband mit 55,7 v.H. bei den Zweitstimmen beteiligt.

Zu Beginn des Jahres 1984 stellte der CDU-Stadtverband die Weichen für die in diesem Jahr anstehenden Wahlen zum Landtag am 25. März 1984, zum europäischen Parlament am 17. Juni 1984 und zur Gemeinderats- / Kreistagswahl am 28. Oktober 1984. Für den Vorstand und die Mitglieder ein wahrhaft arbeitsreiches Jahr. Aus der UB-Fraktion kamen Signale, dass einzelne Fraktionsangehörige einen Übertritt in die CDU-Fraktion erwägen. Nach eingehenden Beratungen stimmt der Vorstand ohne Vorbedingungen dem Ansinnen in Absprache mit der Fraktion zu. Nach einem sehr guten Abschneiden bei der Landtags- und Europawahl sah der CDU-Stadtverband zuversichtlich den Kommunalwahlen entgegen, nachdem die Mitgliederversammlung nahezu einstimmig die vom Vorstand vorgelegte Kandidatenlisten akzeptierte. In einer Vielzahl von gut besuchten Wahlveran-
staltungen in allen Stadtteilen gab die Stadtrats- und Kreistagsfraktion Rechenschaft über die geleistete Arbeit, die neue Mannschaft setzte auf dem bisherigen aufbauend neue Akzente. Am Wahltag honorierten die Wähler diese Arbeit mit 52.21 v.H. bei den Stadtratswahlen und mit 51.22 v.H. bei den Kreisratswahlen. Zum vierten Mal in Folge hatte damit die CDU in Biberach die absolute Mehrheit erhalten.

Zu Beginn des Jahres 1985 kündigte der Vorsitzende Angele in einer Vorstandssitzung an, dass er nach mehr als 14 Jahren zur Mitte des Jahres sein Amt abgeben wolle. Das Haus "CDU-Stadtverband Biberach" sei gut bestellt und berufliche Gründe seien ebenso für seinen Entschluss mitbestimmend wie der Wunsch, der jüngeren Generation eine Chance des Mitwirkens zu geben. In einer sehr gut besuchten Mitglieder-
versammlung wählten die Mitglieder auf Vorschlag des Vorstands am 7. Mai 1985 einstimmig Herrn Edmund Wiest zum neuen Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands. Erste Schwer-
punkte in seiner neuen Aufgabe setzte er in der Mitglieder-
betreuung, in der Durchführung von Zielgruppengesprächen, in der Einrichtung eines kommunalpolitischen Stammtisches und in einer engen Zusammenarbeit mit der CDU-Fraktion.

Auf Bundesebene lief eine heftige Debatte sowie Demon-
strationen zum NATO-Nachrüstungsbeschluss, der von Bundeskanzler Schmidt mitinitiiert, von der CDU unterstützt und von großen Teilen der SPD abgelehnt wurde. Auch in den Biberacher Gemeinderat wurde eine entsprechende, ablehnende Resolution der SPD eingebracht. Dies führte auf Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden Brock in Abstimmung mit der Partei zu dem Antrag, zur Versöhnung mit den Völkern des Ostens nicht mit Resolutionen, sondern durch Taten beizutragen. Die Fraktion schlug vor, Städtepartnerschaften mit Gemeinden in der UdSSR, Polen und der DDR zu begründen und zu pflegen. Nach Sondierungsgesprächen der Verwaltung kamen dann Partnerschaften mit Telawi und Schweidnitz zustande. Die DDR ließ eine Partnerschaft nicht zu.

Am 25. November 1986 konnte der CDU-Stadtverband in der vollbesetzten Stadthalle Ministerpräsident Lothar Späth begrüßen, der mit dieser Veranstaltung im Landkreis den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 25. Januar 1987 eröffnete. Massive Wahlenthaltung und Stimmengewinne der Grünen führen auch in Biberach zu Stimmverlusten der CDU, die auch bei der Landtagswahl 1988 noch nicht ausgeglichen werden können. Das Jahr 1989 wurde auch für den CDU-Stadtverband zur Herausforderung. Durch die Öffnung der DDR-Grenze wurde es möglich, Hilfe und Unterstützung für politisch Gleichgesinnte in Döbeln/Sachsen und Bischofswerda zu geben. Die nach der Wiedervereinigung Deutschlands am 2. Dezember 1990 durchgeführte Bundestagswahl bestätigt die christlich-liberale Koalition und bestätigt den hohen Stimmenanteil der CDU in Biberach.

Zu Anfang des Jahres 1993 zeichnet sich ab, dass Oberbürgermeister Hoffmann für eine weitere Kandidatur nicht mehr zur Verfügung steht. Fraktionsvorsitzender K.H.Brock gibt zu erkennen, dass er bereit ist, zu kandidieren und gibt dies zum Ende der Sommerpause bekannt. Der Vorstand des CDU-Stadtverbands erklärt hierauf, dass er diese Kandidatur unterstütze und keinen eigenen Kandidaten nominiere. Trotz eines engagierten Wahlkampfs obsiegt dann am 9. Januar 1994 der Kandidat der SPD. Der auch für die CDU missliche Ausgang dieser Wahl fand eine Fortsetzung in der Gemeinderatswahl am 12. Juni 1994 mit einem Stimmanteil von 44,1 v.H. Man könnte darin beinahe eine Duplizität der Ereignisse zur Wahl im Jahre 1965 sehen. Sicherlich trug aber wesentlich zu diesem Ergebnis bei, dass langjährig dienende Fraktionsmitglieder wie K.H. Brock, W. Blessing. W. Hellgoth, A. Lamp und A. Angele nicht mehr kandidierten. Die neu gebildete CDU-Fraktion wählte Edmund Wiest zu ihrem Vorsitzenden. Im Herbst wartete das Jahr 1994 erneut mit einer Überraschung bei der Bundestagswahl auf. Die Schwäbische Zeitung sprach in einem Leitartikel von zwei blau geschlagenen Augen für die Koalition. Die Partei erreichte auf Bundesebene nur noch 41,6 v.H. und in Biberach 46,6 v.H.

Für den Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands und zugleich Fraktionsvorsitzenden Edmund Wiest wurde die Doppel-
belastung zu groß. Da zudem die Neuwahl des gesamten Vorstands anstand, stellte er das Amt des Stadtverbands-
vorsitzenden zur Disposition. Die Mitgliederversammlung am 22. März 1995 wählte hierauf Herrn Tom Abele zum neuen Vorsitzenden. Sein Ziel ist, in themenbezogenen Arbeitskreisen kommunalpolitische Problemfelder aufzuarbeiten und der Fraktion zuzuarbeiten. Die zweifellos über Jahrzehnte hinweg von der CDU und ihrer CDU-Gemeinderatsfraktion auf allen Bereichen gepflegte kommunalpolitisch kontinuierliche Arbeit war für die Bürger der Stadt bei aller manchmal berechtigten Kritik segensreich im Sinne des Wahlmottos aus dem Jahre 1975 "Gegenwart meistern, Zukunft sichern".

Die folgenden Jahre waren von einer engen Abstimmung in kommunalen Themen zwischen dem CDU-Stadtverband und der CDU-Gemeinderatsfraktion geprägt. Nach außen erfolgten die gemeinsamen Auftritte unter "Die CDU Biberach". Im Jahre 1996 diskutierte die CDU in mehreren Bürgergesprächen über die anstehenden Aufgaben zur Verbesserung der Infrastruktur in der Stadt, so die Überarbeitung der Schleifenlösung zur Entlastung des Rings, die Fortführung der Freiburger Straße zur Ehinger Straße, die Verbindung Königsbergallee - Riedlinger Straße sowie der Theodor-Heuss-Straße - Röhrenöschle. Bei dem gut besuchten "CDU-vor-Ort-Gespräch" in Mettenberg setzte sich die CDU nachhaltig für den Bau der Verbindung B 312 - B 30 (sog. Nordwestumfahrung) unter Einbeziehung der B 465 und dem "Aufstieg Mettenberg" ein. Sie sah darin im Gegensatz zur "Bürgerinitiative Mettenberg" eine in sich stimmige Verkehrskonzeption für die Raumschaft Biberach - Warthausen. In Sachen Marktplatz beantragte die CDU-Fraktion nach Gesprächen mit den Anliegern und dem Einzelhandel die Sanierung und Umgestaltung des östlichen Marktplatzes voranzutreiben. Auch war für sie der Zeitpunkt gekommen, jetzt mit dem Bau der Turn- und Festhalle in Ringschnait und danach in Stafflangen zu beginnen und die dafür im Haushalt bereitgestellten Mittel freizugeben.

Die 1997 von dem CDU-Stadtverband durchgeführte repräsentative Bürgerbefragung erbrachte eine hohe Zufriedenheit mit dem kommunalen und gesellschaftlichen Angebot in der Stadt. Die CDU konnte darin auch eine Anerkennung und Bestätigung ihrer Arbeit sehen. Ein überaus großes Interesse fand die auf Initiative und unter der Federführung von Petra Romer-Aschenbrenner durchgeführte Vortragsreihe "Neue Technologien". Bei der CDU-Hauptver-
sammlung verstärkten sich die kritischen Stimmen zur Arbeit des SPD-Oberbürgermeisters Fettback. Fehlende Ideen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Biberach und der Stadtentwicklung waren die Kritikpunkte. Im Streit um den Ausbau des Flugplatzes setzte sich die CDU-Fraktion im Interesse einer Weiterentwicklung der Unternehmen am Ort für die Befestigung der Landbahn ein. Die Suche nach einem geeigneten Standort für den Jugendveranstaltungsraum gestaltete sich schwierig. Der von der SPD favorisierte "Schützenkeller" lehnte die CDU wegen den damit vorprogrammierten nachbarlichen Streitigkeiten ab. Später fand der von CDU-Stadtrat Robert Pfender ins Gespräch gebrachte Standort an der Breslaustraße große Zustimmung.

Auf Initiative der CDU-Stadträtin Barbara Leuchten wurde auf dem Marktplatz in Anlehnung an die Wieland'sche Geschichte vom Prozess um des Esels Schatten eine Eselskulptur von Peter Lenk aufgestellt. Die - und insbesondere die Standort-
frage - löste 1998 in der Stadt eine heiße Diskussion aus und teilte den Gemeinderat quer durch alle Fraktionen und die Bürgerschaft in "Für und Wider". Schlussendlich entschied sich der Gemeinderat doch mit einer deutlichen Mehrheit (17: 9 Stimmen) für den Standort am Marktplatz. Auch ein zweites Kunstwerk erregte die Gemüter der Stadt: Der gestiftete Brunnen im Spitalhof. Die von der CDU-Fraktion beantragte Versetzung des Brunnens an einen geeigneteren Standort scheiterte an den vertraglichen Abmachungen mit der Sponsorin. Im Rahmen der Sanierung der Bad- und Wasch-
anstalt wurde auf Antrag der Verwaltung die Auflösung des von mehreren kulturellen Gruppen benützten Sennhofsaals beschlossen. Nachträglich stellte sich heraus, dass dieses Ansinnen mit den Benutzergruppen nicht einvernehmlich besprochen war. Auf Antrag der CDU-Fraktion kam es zu einer Korrektur des Gemeinderatsbeschlusses und somit zum Erhalt des Sennhofsaals.

Zur Kommunalwahl 1999 konnte CDU-Stadtverbandsvorsitzen-
der Tom Abele mit großer Befriedigung feststellen, dass die CDU als einzige Partei die insgesamt 80 Listenplätze für den Kreistag, den Gemeinderat und die Ortschaftsräte besetzen konnte. Der Wahlkampf wurde unter dem Motto "Kompetenz für Biberach" geführt und hierfür ein ausführliches Wahl-
programm erarbeitet. Erstmals wurden im Wahlkampf auch die Möglichkeiten des Internets genutzt. Die Auftaktveranstaltung am 11. September 1999 fand in lockerer Atmosphäre vor dem Komödienhaus statt. Sie war ein voller Erfolg. Zielgruppen-
gespräche und Wahlversammlungen in den Ortschaften und in den Stadtteilen folgten. Am Wahltag erreichte die CDU 46 % der Stimmen und kam damit auf 15 der insgesamt 30 Sitze (ohne OB) im Gemeinderat. Verlierer war bei dieser Wahl die SPD, die von ihren bisherigen 9 Sitzen 3 verlor. Auch im Kreistag blieb die CDU mit Abstand die stärkste Fraktion. Sie erhielt 43,6 % der Stimmen und 25 der insgesamt 56 Sitze. Biberach war dabei mi6 4 CDU-Sitzen vertreten. Bei den gleichzeitig stattgefundenen Europawahlen erreichte die CDU in Biberach 40,31 %. Die CDU-Kandidatin, unser Stadtver-
bandsmitglied Elisabeth Jeggle, Stafflangen, kam im Landkreis auf beachtliche 64,1%.

Der CDU-Spendenskandal des Jahres 2000 brachte die Partei insgesamt in eine recht schwierige Situation. Bundesvorsitzen-
der Wolfgang Schäuble trat zurück, Helmut Kohl gab seinen Ehrenvorsitz ab und die Bundeskasse der CDU wurde mit einer millionenschweren Geldstrafe belegt. Auch in der Biberacher Öffentlichkeit hat die Glaubwürdigkeit der CDU schwer gelitten. Der CDU-Stadtverband stellte sich aber der Verantwortung und versuchte, das verloren gegangene Vertrauen mit vermehrter Basisarbeit wieder wettzumachen. Dabei war erfreulich, dass sich der Mitgliederschwund mit 5 Austritten (bei gleichzeitig 2 Eintritten) in Grenzen hielt.

In den Haushaltsberatungen am Ende des Jahres 2000 verstärkte die CDU-Fraktion mit einer Reihe von Anträgen den Druck auf eine nachhaltige Konsolidierung des städtischen Etats. Mehrere geplante Personalaufstockungen wurden von der CDU-Fraktion abgelehnt. Dies führte zu Kontroversen mit dem SPD-OB Fettback mit gegenseitigen Vorwürfen des Misstrauens. Weiter wurden auf Antrag der CDU-Fraktion Mittel für die Sanierung der Gigelberghalle in den Haushaltsplan aufgenommen.

Der Landtagswahlkampf 2001 war von Sachlichkeit und hoher Sachkompetenz der CDU-Kandidaten Landrat Peter Schneider und des Zweitkandidaten Frieder Kolesch geprägt. Schneider hat mit 57,2 % für die CDU das landesweit beste Ergebnis eingefahren. In der Stadt Biberach erreichte die CDU 44,9 %.

Auch in den Haushaltsplanberatungen 2001 setzte die CDU-Fraktion ihre Sanierungsbemühungen fort. Mit Anträgen zur Verbesserung der Organisationsabläufe und der Prozess-
optimierung wurde die mittelfristige Eindämmung der Ausgaben-zuwächse gefordert. Im Anschluss an die Haushalts-
verabschiedung erklärte Erster Bürgermeister Martin Loth zur Überraschung aller, dass er im kommenden Jahr nicht mehr zur Wahl des Ersten Bürgermeisters antrete. Loth hat sich um eine jederzeit solide und vorausschauende Finanzpolitik der Stadt verdient gemacht!

Im Jahre 2002 war die Arbeit des CDU-Stadtverbandes von 2 Wahlen geprägt. Zum einen durch die Wahl des Ober-
bürgermeisters und zum anderen durch die Bundestagswahl. Auf einer vorausgegangenen Mitgliederversammlung beschloss die CDU, gegen die Wiederbewerbung von OB Fettback einen Gegenkandidaten zu unterstützen. Hier erfuhr Alexander Baumann, Finanzbürgermeister in Ehingen, die volle Unterstützung des CDU-Stadtverbandes. In ihm sah man einen kompetenten und persönlich integren Bewerber. Nach einem engagierten und von beiden Kandidaten fair geführten Wahlkampf konnte sich Baumann gegen den Wiederbewerber nicht durchsetzen und erreichte zur großen Überraschung lediglich 21 % der Stimmen, während OB Fettback mit knapp 79 % der Stimmen für sich einen großen persönlichen Erfolg verbuchen konnte. Bei der Bundestagswahl 2002 erreichte der CDU-Kandidat Franz Romer in der Stadt Biberach 47,6 % der Erststimmen und 45,5 % der Zweitstimmen. Für den zum 31. Juli 2002 ausgeschiedenen Ersten Bürgermeister und Hospitalverwalter Martin Loth wurde der Bürgermeister von Hagnau, Roland Wersch, CDU-Mitglied, gewählt.

Im Januar 2003 führte der CDU-Stadtverband erstmals einen öffentlichen Neujahrsempfang im Agenturhaus, dem früheren Fotoatelier Gallus, durch. Referent des Abends war Staatssekretär Rudolf Köberle. Der Empfang war von den Mitgliedern und Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft gut besucht. Dieser Erfolg ermunterte zu einer Fortsetzung in den folgenden Jahren. Es kamen 2004 Pater Tönnies und 2005 die Staatssekretären Monika Stolz als Gastredner. Im Jahre 2005 fand der Neujahrsempfang im Komödienhaus statt, das für diese Veranstaltung einen guten Rahmen bot.

Eine überraschende Wende und somit ein vorläufiges Ende hat im Jahre 2003 der von der CDU Biberach mit Nachdruck befürwortete "Aufstieg Mettenberg" im Zuge der Nordwestumfahrung genommen. Dabei bleibt festzuhalten, dass diese Planung im Interesse einer gesamtheitlich konzipierten Verkehrsführung für die Raumschaft Biberach - Warthausen mit großer Mehrheit in den kommunalen Gremien von Biberach, Warthausen und des Kreises Biberach beschlossen wurde. Leider ist dieses Vorhaben nun mit reiner Klientelpolitik des Grünen-Abgeordneten Palmer gekippt worden, indem, ohne mit den örtlichen kommunalen Stellen Rücksprache zu nehmen, auf dessen maßgebliches Betreiben das Vorhaben nicht in den vordringlichen Bundesverkehrs-
wegeplan aufgenommen wurde. Die CDU Biberach wird aber weiterhin alle Möglichkeiten unterstützen, die die geplante Verkehrsführung zum Erfolg führen.

Nicht den erhofften Erfolg brachte für die CDU in Biberach die Kommunalwahl 2004. Zwar konnten auch diesmal wieder sämtliche Listenplätze mit der maximalen Bewerberzahl besetzt werden, aber der Aderlass durch das Ausscheiden von 8 renommierten CDU-Stadträten (Doris Bausch, Jörg Braun, Hans Brenner, Hans Dobler, Helmut Haberbosch, Manfred Morlock, Otto Rach, Othmar Wenger) konnte trotz eines engagierten Wahlkampfes nicht voll kompensiert werden. Die CDU verlor im Gemeinderat mit 39,39 % der Stimmen, 2 von bisher 15 Sitzen. Im neuen Gemeinderat mit seinen 32 Sitzen ist die CDU-Fraktion nunmehr mit 13 Sitzen vertreten. Nachdem sich der bisherige Fraktionsvorsitzende Edmund Wiest aus gesundheitlichen Gründen für dieses Amt nicht mehr zur Verfügung stellte, wählte die Fraktion Hans-Jürgen Dullenkopf, der bereits Listenführer der Kandidatenliste war, einstimmig zu dessen Nachfolger. Im Kreistag hat die CDU mit 39,8 % zwar ebenfalls Stimmen verloren, konnte jedoch ihre Sitze von bisher 25 auf 27 erhöhen, nachdem sich der Kreistag diesmal von 56 auf 60 Sitze erweitert hatte. Auch bei den parallel verlaufenen Europawahlen musste die CDU in Biberach mit 48,8 % gegenüber 55 % bei der letzten Wahl, deutliche Stimmenverluste hinnehmen.

In der Mitgliederversammlung am 19.04.2005 stellte sich Stadtverbandsvorsitzender Tom Abele auf Grund seiner starken beruflichen Belastung und seiner gemeinderätlichen Inanspruchnahme nicht mehr zur Wahl. Zu seiner Nachfolgerin wählte die Versammlung die Ortschaftsrätin von Mettenberg, Claudia Reisch, und somit erstmals eine Frau in den Vorsitz des CDU-Stadtverbandes Biberach.

Der neue Vorstand war von Anfang an mit der vorgezogenen Bundestagswahl im politischen Geschäft. Leider hat sich der Abwärtstrend auch bei der Bundestagswahl 2005 in Bund, Land und in der Stadt fortgesetzt Waren doch im Vorfeld der Wahl die Erwartungen hoch und die Umfrageergebnisse Erfolg versprechend. Aber es kam anders. Die CDU erreichte bundesweit eines ihrer schlechtesten Ergebnisse. "Merkels Desaster kam überraschend", lautete die Schlagzeile in der Schwäbischen Zeitung. Im Wahlkreis Biberach-Wangen erreichte Franz Romer für die CDU 52,4 % der Erststimmen (2002: 57,7 %) und 49,8 % der Zweitstimmen (2002: 52,4 %). In Biberach waren es 42,3 % Erst- und 42,4 % Zweitstimmen. Neben Franz Romer zog für die SPD erstmals der Biberacher Martin Gerster (20,5 % Erststimmen) in den Bundestag ein.

Im Februar 2006 hat in der Biberacher Bevölkerung die Diskussion um den Verbleib des Wielandarchivs hohe Wellen geschlagen. Die CDU Fraktion veranstaltete gemeinsam mit dem CDU Stadtverband eine Podiumsdiskussion mit Herrn Prof. Hansjörg Schelle und Prof. Jan Philipp Reemtsma sowie Dr. Flechtner und Dr. Biege, um hier die Positionen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Danach folgte der Landtagswahlkampf bei dem Peter Schneider und als Zweitkandidatin Petra Romer-Aschenbrenner in Biberach 40,02 % der Stimmen erhalten haben, im Wahlkreis jedoch 51,2 %, neben Herr Schneider zog auch Oswald Metzger von den Grünen mit 16,7 % in den Landtag ein.

Für den Stadtverband heißt es nun diesem Trend mit aller Macht entgegen zu treten und die Werte und Programme der Partei in die Moderne zu führen.


(Fortsetzung der CDU-Chronik "50 Jahre CDU-Stadtverband Biberach" von A. Angele, 1996)


Edmund Wiest                      
Claudia Reisch