Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Verwaltungsspitze und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
sehr geehrte Anwesende.
Die Rede zur ersten Lesung schloss ich mit den Worten:
„In diesem Sinne gute Planberatungen mit einem hoffentlich großen Interesse der Bürgerschaft“.
Das erstere kann ich im Wesentlichen bestätigen, über das zweitere jedoch ist nachzudenken. Doch dazu später mehr.
Wir hatten insgesamt entspannte Beratungen. Allerdings waren diese auch dadurch gekennzeichnet, dass die Verwaltung oftmals wenig Enthusiasmus für die Anträge der Fraktionen entwickelte und in der Folge etliche Anträge zurückgezogen werden mussten, da ohne die Liebe der Braut (hier die Verwaltung) der Bräutigam (hier der Gemeinderat) mit seinem Antrag vor dem Altar (hier die Verwaltungsbank) recht erfolglos bleibt.
Wir können nachvollziehen, dass aufgrund der aktuellen Arbeitsbelastung in der Verwaltung die Verwaltungsspitze sich vor die Mitarbeiter zu stellen und Ideen und Wünsche so weit wie möglich „abzuwehren“ hat. Doch darf das Argument, dass keine Kapazitäten für neue Aufgaben vorhanden sind, in der Folge nicht dazu führen, dass Initiativen aus dem Gremium außen vor bleiben. Natürlich kann der Gemeinderat Themen beschließen, die nicht in die Verwaltungsplanung passen (und dies hat er im Übrigen auch getan), aber wir wissen auch, dass es nur erfolgreich und gut wird, wenn beide Seiten es wollen, um meinen Vergleich von gerade eben abzuschließen.
Auch macht es sich die Verwaltung manchmal zu kompliziert. Anstelle z.B. unseren Antrag zur Beleuchtung des Rad- und Fußweges zwischen Rißegg und Rindenmoos wohlwollend im Rahmen der Ausschreibungen zum neuen Baugebiet zu prüfen, muss jetzt für diesen speziellen Fall einer besonderen Wegebeziehung zwischen den beiden Teilen eines Ortes eine Grundsatzvorlage her.
Ein weiteres Beispiel ist die Stelle der Geschäftsführung der Wielandstiftung. Ja, zum Ende haben andere Fraktionen mit Ihrer Mehrheit unseren Antrag abgelehnt, zurück zu den ursprünglichen 100% Stellenumfang zu gehen, aber auch die Freudlosigkeit des Kulturdezernenten hierüber nachzudenken, wie aus dem Kulturetat einige 10000 Euro für die Finanzierung frei gemacht werden könnten, haben mit zu diesem Resultat geführt. Es besteht die Gefahr, dass die Stiftung in ihrer Entwicklung zurückgeworfen wird und es am Ende teurer werden kann. Wir danken an dieser Stelle ganz ausdrücklich dem OB für seinen guten Kompromissvorschlag, der im Kuratorium sehr positiv aufgenommen wurde, letztendlich aber auch scheiterte. Für die Kultur wird zukünftig zu überlegen sein, wie die Prioritäten zu setzen sind. Wir werden dies beim nächsten Kulturbudget aufrufen. Ein von uns in diese Richtung eingebrachter Antrag zu den Budgets wurde ja so auch beschlossen.
Das Wort der Haushaltsplanberatungen 2016 ist eindeutig „mittelfristig“. Mittelfristig wird über das finanzielle Zukunftskonzept nachgedacht, mittelfristig Gedanken zum Personalhaushalt gemacht, mittelfristig die bessere Beschilderung der Hallen geprüft und last but not least mittelfristig das Management von Gewerbeflächen angedacht.
Nun, an sich ist mittelfristig ja nichts Negatives. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut und Biberach muss nicht zum selben Zeitpunkt Lösungen für verschiedenste Maßnahmen oder Vorhaben entwickeln. Wichtig ist nur, dass diese Ziele im Auge behalten werden und nicht In Vergessenheit geraten. Wir werden die Verwaltung hier tatkräftig unterstützen und auch in den kommenden Jahren das für uns sehr wichtige Thema „Zukunftsfähigkeit unserer Stadt“ immer und wieder aufrufen, verbunden mit der Hoffnung, dass mittelfristig nicht durch langfristig ersetzt wird. Diese Zeit haben wir trotz der guten Rahmenbedingungen nicht. Strategische Ziele und operatives Handeln sind ein und dieselbe Seite der Medaille.
Mit dem Beschluss zur Fortsetzung der Stellendeckelung wurde ein richtiger Schritt getan. Noch ist die Verwaltung nicht glücklich, dass der Gemeinderat dies so beschlossen hat. Dies wird sich aber ändern, da dieser von uns gestellte Antrag auch zur Disziplinierung der Gremien beiträgt. Insofern, liebe Verwaltungsspitze, erwarten wir zu diesem Thema mittelfristig wieder glücklichere Gesichter auf der Verwaltungsbank, wenn bei Anträgen der Fraktionen hierauf verwiesen werden kann. Die Stellendeckelung ist im Übrigen auch in einem direkten Zusammenhang mit der Aussage von EBM Wersch zu sehen, dass wir zu viel Geld ausgeben. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass ich dies nicht nur auf die Investitionen, sondern auch auf die allgemeinen Ausgaben im Verwaltungs- und Personalhaushalt zu beziehen hat. Wir konnten daher auch nicht dem Antrag zur Senkung der Grundsteuer folgen. Im Sinne einer stringenten Argumentation kann die Einnahmeseite solange nicht geschwächt werden, so lange kein Konzept zur Ausgabenbeschränkung besteht.
Schade ist, dass das Gremium unserem Antrag eines Projekttopfes zur Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements nicht gefolgt ist. Unser Ziel war es, Initiativen aus der Bürgerschaft unbürokratisch mit kleineren Beträgen analog dem kommunalen Bildungsplan zu unterstützen. Nicht jeder, der eine gute Idee für das Gemeinwohl hat, traut sich an Stiftungen heran oder will die Antragswüste staatlicher Fördermittel durchleiden. Die Stelle des Ehrenamtsbeauftragten hätte eine Aufwertung erfahren, bei gleichweise geringen Mitteln. Wir sind uns sicher, dass bei einer positiven Darstellung der Möglichkeiten die Fördermittel in Höhe von 20.000 € jährlich viel Gutes im sozialen Miteinander hätten bewirken können. Nur zum Vergleich: zwei Fraktionen wären bereit gewesen, für eine ökologisch eher untergeordnete Dachbegrünung 100.000 € auszugeben. Es darf daher gefragt werden, was ist nachhaltiger? Apropos nachhaltig. Dies gilt auch für Anträge an das Gremium. Diese sollten so durchdacht sein, so dass eine Umsetzung auch denkbar ist. Im Zweifelsfall hilft eine Anfrage an die Verwaltung an, um wichtige Begriffe richtig einzuordnen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Sicherheit in unserer Stadt. Deshalb haben wir die Vorlage der Verwaltung zur Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes sehr begrüßt, so wie wir dies als CDU auch beantragt hatten. Ich möchte es nochmals betonen, trotz der jüngsten Vorkommnisse ist Biberach in Summe noch eine sichere Stadt. Dies kann sich aber auch ändern. Sicherheit wird aber eines der Kernthemen der nahen und nicht – jetzt bemühe ich nochmals das Biberacher Wort des Jahres - mittelfristigen Zukunft sein. Nur: wir können als Kommune nicht alles übernehmen und abfedern, was das Land versäumt. Hier wiederhole ich meine bereits im letzten Jahr geübte Kritik an der Polizeireform und es ergeht daher mein Appell an das nun von der CDU geführte Innenministerium, schnell das Rad wieder ein Stück in die richtige Richtung zu drehen. Wir benötigen mehr Polizei, die näher am Bürger und mehr in der Fläche ist. Die Funktionen sind wieder zu dezentralisieren. Wir sollten nicht warten, bis das Land auch hier ein schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommt, wie jüngst in der Bildungspolitik.
Lassen Sie mich wieder zum Beginn meiner Rede zurückkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das Interesse der Bürgerschaft an den Beratungen beschränkte sich im Wesentlichen auf die Berichterstattung in der Schwäbischen Zeitung und dem Biberach Kommunal. Wer kann dies den Bürgerinnen und Bürgern verübeln? Selbst uns Gemeinderäte überfällt von Zeit zu Zeit ein Gefühl der Langeweile, wenn wir uns in Ritualen und Prozessen üben bzw. darin verlieren.
Die Gestaltung des kommunalen Gemeinwesens ist aus meiner Sicht einer der Grundpfeiler unserer Demokratie. Sie wirkt unmittelbar, ist persönlich und nachvollziehbar und zumeist an der Sache orientiert (Ok, Ausnahmen bestätigen die Regel). Dem Gemeinderat kommt dabei die zentrale Funktion zu. Er nimmt auf und bündelt Maßnahmen, Prozesse, Meinungen und Ideen und fungiert als Schnittstelle zwischen Bürger und Verwaltung. Der Gemeinderat sollte sich aus meiner Sicht – und dies ist meine persönliche Erfahrung aus mehr als 18 Jahren in diesem Gremium - mehr auf diese ihm zugemessene politische Aufgabe konzentrieren und sich weniger als operativer Teil des Verwaltungshandelns verstehen.
Ich weiß, es gibt hierzu auch eine andere Auffassung hierzu und auch diese ist sicher legitim.
Doch: sehen Sie sich bitte um. Wir haben vergleichsweise wenige Bürgerinnen und Bürger heute Abend hier. Dies ist ein Stückweit nachvollziehbar. Wer hat einem Wochentag die Zeit, um bereits um 17 Uhr in eine Sitzung zu gehen, die sich oftmals mehr durch Formalitäten als durch Spannung auszeichnet. Wir benötigen eine Selektion der Themen (Stichwort hier mehr Befugnisse für die Verwaltung in der Umsetzung) bei gleichzeitiger grundsätzlicher Kontrolle der politischen Zielerreichung. Würde sich hier nicht eine Art Geschäftsbericht anbieten? Was wurde geplant, was wurde wie erreicht und warum nicht? Dies zusammengefasst in einer übersichtlichen Form für die Öffentlichkeit. Maßnahmen und Vorhaben gegliedert nach Thema, Ergebnis und Folge/Wirkung sowie Chancen und Risiken. Keine unverständliche Texte und technische Protokolle, einfach eine übersichtliche Darstellung in den Print- und elektronischen Medien, die bei Bedarf vertieft und auch kommentiert werden kann.
Der Gemeinderat der Zukunft hat sich aus meiner Sicht daher Gedanken über sein Selbstverständnis zu machen. Ich möchte dies nochmals mit dem Thema Teilhabe begründen. In der heutigen Konstellation schließen wir schlichtweg Teile der Bevölkerung für eine Mitarbeit aus. Es wäre nicht gut, wenn sich das Gremium zukünftig im Wesentlichen aus dem Kreis der Rentner, Lehrer, Sozialarbeiter oder Selbständigen zusammensetzt. Wir haben uns so zu organisieren, dass auch andere Alters- und Berufsgruppen in der Lage sind, dieses wichtige Ehrenamt auszufüllen. Ein erster Schritt wäre die Entschlackung der Tagesordnung mit späterem Beginn bei gleichzeitig geringerer Sitzungsfrequenz. Dies setzt aber Mut in der Neuordnung der Aufgaben voraus.
Ich komme daher zu dem Schluss dass der Gemeinderat der Zukunft mehr Aufsichtsrat der Verwaltung ist, ausgestattet mit dem politischen Mandat der Bürgerschaft.
Dem Gremium selbst würde ein von Zeit zu Zeit nachhaltigerer Wechsel gut tun, um neuen Ideen und frischem Wind Raum zu geben. So ist z. B. der Bundespräsident nur einmal wieder wählbar oder das Amt der Schöffen wurde auf zwei Perioden begrenzt. Um nicht falsch verstanden zu werden, ich spreche mich jetzt nicht für eine Begrenzung der Amtszeit von Mandatsträgern aus. Bedeutender ist, dass man sich von Zeit zu Zeit die Frage stellt, kann ich dieses Mandat weiterhin mit gutem Gewissen ausfüllen.
Nun, bei uns ehrenamtlich Tätigen kommt ja noch ein weiterer Aspekt dazu. Wie bekomme ich diese Aufgabe neben dem Beruf und Familie so unter einen Hut, dass weder das eine noch das andere darunter leidet.
Diese beiden Fragen habe ich mir in den vergangenen Monaten häufig gestellt.
Ich habe daher heute den Oberbürgermeister darüber informiert, Sie, werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, zu bitten, mich zum 20.02.2017 aus diesem Gremium zu entlassen.
Warum diese Bitte?
Zum einen bin ich nun seit 1998 Mitglied dieses Gremiums, davon seit 2004 im Fraktionsvorstand. Rechnet man meine Zeit als Stadtverbandsvorsitzender dazu, dann bin ich weit über 20 Jahre politisch führend für die CDU in dieser Stadt aktiv. Nicht ganz gschlampert, salopp gesagt. Im Sinne der Verantwortung ist nach all den Jahren - nach meinem Empfinden - ein Wechsel in der Führung angebracht. Das Mandat ist vom und für den Bürger und nicht für die eigene Person. Natürlich, das will ich nicht verschweigen, spielen auch andere Gründe, wie meine derzeitige hohe berufliche Inanspruchnahme, eine Rolle.
Aber keine Sorge, so ganz werde ich mich nicht aus der Politik zurückziehen. Dafür ist mir diese Arbeit für unser Gemeinwohl zu wichtig. Ich behalte mein Ortschaftsratsmandat und wer weiß, vielleicht sieht man sich wieder in 3 Jahren auf der Kandidatenliste für ein anderes Gremium: dem Kreistag.
Und noch etwas: Nein, ich gehe nicht im Frust. Und ja, es hat mir viel Spaß gemacht, mit Ihnen für unsere Stadt zu arbeiten und es macht mir dies immer noch. Doch jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Weichen neu zu stellen. Bissel paradox, mit 51 als einer der jüngsten hier im Gremium sozusagen altersbedingt auszuscheiden.
Aus diesem Grund habe ich bewusst auch einige kritische und grundsätzliche Worte in diese meine Rede eingebaut, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich hoffe, Sie sehen mir das nach. Zur Beruhigung: am 20.02.erspare ich dies Ihnen.
Mit deutlicher Überschreitung der Zeitvorgabe darf ich nun zum Schluss kommen. Der Dank der CDU geht an alle Beteiligten:
- an die Verwaltungsspitze mit OB Zeidler, EBM Wersch, BM Kuhlmann und Dr. Riedlbauer,
- an alle Amtsleiter, hier vorweg Frau Leonhardt,
- sowie bei allen Beschäftigten der Stadtverwaltung.
Ich wiederhole auch gerne meine Worte aus der ersten Lesung:“ der Dank gilt auch unseren Unternehmen mit ihren Mitarbeitern und bei allen ehrenamtlich Tätigen sowie bei sämtlichen Organisationen, Institutionen und Vereinen, denen das Wohl unserer Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger ein hohes Anliegen ist“. Nicht zu vergessen die Presse als Informationsbindeglied zwischen den Bürgern und ihren Räten.
Im Namen der CDU-Fraktion wünsche ich Ihnen nun besinnliche Weihnachtstage und alles Gute für 2017.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.